Die Jugendbefragung 2022 verfolgt das Ziel, die Stimmen der jungen Menschen zwischen 14 und 27 Jahren im Landkreis Görlitz zu Gehör zu bringen. Deswegen werden die Daten sowohl vom Jugendring Oberlausitz e.V. und dem Flexiblen Jugendmanagement zur Planung der Arbeit genutzt als auch - z.B. in Form einer Broschüre - Entscheidungsträger*innen und Planer*innen im Landkreis Görlitz zur Verfügung gestellt. Die Themen der vorliegenden Jugendbefragung sind Jugendbeteiligung, Mobilität, Freizeitverhalten und politische Ansichten. Im Jahr 2019 wurden fast dieselben Themen in einer landkreisweiten Jugendbefragung 2019 abgefragt. Die Wiederholung der Befragung scheint zum einen wegen des anhaltenden tiefgreifenden Strukturwandels der Lausitz und zum anderen wegen möglichen Einflüssen der Covid-19-Pandemie angezeigt. Die Ergebnisse sind, den Erwartungen entsprechend, denjenigen der Befragung 2019 sehr ähnlich. Grundsätzliches hat sich an den Einschätzungen der Jugendlichen im Landkreis Görlitz, trotz oder wegen der Covid-19-Pandemie, nicht geändert.
Die Befragung wurde mit einem Online-Fragebogen (Google-Formular) durchgeführt, der im Sommer 2022 acht Wochen lang verfügbar war. Zuvor wurden zwei Pre-Tests mit Besucher*innen des Offenen Treffs im Jugendzentrum H.O.L.Z. Niesky durchgeführt. Die Verteilung des Fragebogens erfolgte vor allem über beworbene Beiträge auf der Social-Media-Plattform Instagram. Darüber hinaus wurden Email-Verteiler des Flexiblen Jugendmanagements sowie des Jugendring Oberlausitz e.V. genutzt - u.a Schulsozialarbeiter*innen, Jugendclubs/-treffs, andere Freie Träger der Jugendhilfe. 403 Fragebögen waren eingegangen, wobei den Kriterien entsprechend (u.a. das Alter der Teilnehmer*innen) 386 Fragebögen ausgewertet werden konnten. Dabei waren alle Gemeinden des Landkreises vertreten. Da einige Fragen fakultativ waren, weichen die Zahlen bei einzelnen Antworten unterschiedlich ab. Die Programme Grafstat, SPSS, PSPP und Excel wurden zur Auswertung verwendet.
Der Landkreis Görlitz hat 248.273 Einwohner*innen (Stand 01.01.2022), davon 25.259 im Alter zwischen 14 und 27 Jahren (10,2 %). In den vergangenen elf Jahren hat der Landkreis insgesamt 19.542 Einwohner*innen verloren, darunter 6.266 im Alter zwischen 14 und 27 Jahren (www.statistik.sachsen.de).
Der Landkreis Görlitz setzt sich aus 53 Gemeinden, darunter 14 Städten zusammen. Bei den Gemeinden liegt die Mehrheit der Bevölkerungszahlen unter 5.000 (ca. 2/3). Die demographische Lage des Landkreises Görlitz ist durch eine jahrzehntelange geringe Geburtenrate und eine hohe Abwanderung, besonders von jungen Menschen, gekennzeichnet. Laut des Berliner Instituts für Bevölkerung und Entwicklung ist mit einem weiteren Rückgang von 20 % bis 2035 zu rechnen. Die gleichbleibend hohe Tendenz zur Abwanderung ist nicht mehr ausschließlich mit fehlenden Ausbildungs- und Arbeitsplätzen zu begründen.
Aus unserer Wahrnehmung in der Jugendarbeit nehmen junge Menschen den Landkreis oft als unattraktiv wahr, da er ihnen lediglich unzureichende Möglichkeiten zur Freizeit(mit)gestaltung bietet. Jugendkulturelle Angebote sind im Landkreis Görlitz außerhalb der größeren Städte (Görlitz, Zittau, Weißwasser und Löbau) aufgrund der ländlichen Struktur kaum zu finden. Aufgrund der Abhängigkeit vom ÖPNV können Jugendliche die in den Städten vorhandenen Angebote nur selten nutzen. Dies führt dazu, dass eine Vielzahl von ihnen von den vorhandenen Teilhabechancen der außerschulischen Bildung nahezu ausgeschlossen ist.
"Durch den Sächsischen Landtag wurden im Januar 2008 die Gesetze zur Funktional- und Kreisgebietsreform verabschiedet, in deren Folge zum 1. August 2008 in Sachsen zehn neue Landkreise entstanden sind. Der Landkreis Görlitz wurde aus dem ehemaligen Niederschlesischen Oberlausitzkreis, dem Landkreis Löbau-Zittau und der bis dahin Kreisfreien Stadt Görlitz gebildet. Kreisstadt ist die Stadt Görlitz, die dem Landkreis auch seinen Namen gibt. Der Landkreis Görlitz nimmt eine Fläche von 2.111,4 km² ein, das entspricht 11,4 Prozent der Fläche des Freistaates Sachsen. Er ist damit der drittgrößte der sächsischen Landkreise." (www.kreis-goerlitz.de)
Die Jugendbefragung 2022 konnte land-kreisweit 386 Teilnehmer*innen im Alter von 14 bis 27 Jahren erreichen. Die Aufteilung auf die Planungsräume gestaltet sich dabei wie folgt:
5 Teilnehmer*innen haben keine Angabe über ihren Wohnort gemacht.
Bezüglich des Geschlechts lässt sich eindeutig feststellen, dass es mehr Teilnehmerinnen (59 %; n=229) als Teilnehmer (35 %; n=134) gab. 2 % (n=9) gaben ihr Geschlecht als divers an und 4 % (n=14) haben keine Aussage darüber getroffen.
Die Altersgruppen mit den meisten Teil-nehmer*innen sind die Gruppe von 18 bis 21 Jahren mit 39 % (n=149) und die Gruppe von 14 bis 17 Jahren mit 33 % (n=129). Weitere Altersgruppen sind 22 bis 24 Jahre mit 19 % (n=72) und 25 bis 27 Jahre mit 9 % (n=36). Weiterhin gab es auch Teilnehmer*innen unter 14 und über 27 Jahren. Diese gehören jedoch nicht zur Zielgruppe der Befragung und werden in der weiteren Auswertung daher nicht berücksichtigt.
Wie die Verteilung auf die Altersgruppen schon vermuten lässt, sind die meisten der Befragten Schüler*innen (37 %; n=142). Folgend sind Student*innen (27 %; n=106), Berufstätige (18 %; n=71), Auszubildende (17 %; n=66) sonstig Tätige (3 %; n=10) und Selbstständige (1 %; n=5). 3 % (n=10) haben keine Angabe über ihren Status bzw. ihre Tätigkeit gemacht.
Im Themenbereich Jugendbeteiligung wurde nach Beteiligungsformen, die bereits genutzt wurden gefragt sowie Hinderungsgründe und Wünsche für die Zukunft erhoben. Dabei konnte sowohl aus einem Angebot ausgewählt, als auch eine freie Antwort formuliert werden.
In den vier Altersgruppen bildeten sich unterschiedliche Ergebnisse ab, deswegen werden sie im Folgenden unterschieden und die jeweils höchsten Nennungen aufgezeigt.
Die vier meistgenannten Jugendbeteiligungsformen, die die Altersgruppe 14 - 17 Jahre bereits genutzt hat, sind: Ideenwerkstatt (8 %), Bürger*inneninitiative (7 %), Jugendorganisationen von Parteien (6 %) und Jugendforum/-konferenz (3 %). Jugendliche im Alter von 18 - 21 Jahre nutzten bereits Jugendorganisationen von Parteien (8 %), Bürger*inneninitiativen, Ideenwertstätten und Jugendforen/‑konferenzen (je 7 %) sowie Bürger*innenräte (3 %). Junge Erwachsene zwischen 22 - 24 Jahren nutzten schon Bürger*innenräte (8 %), Bürger*inneninitiativen (7 %), Jugendorganisationen von Parteien (4 %) und Jugendforen/-konferenzen (3 %). Die 25- bis 27-Jährigen gaben Bürger*inneninitiativen (11 %), Jugendorganisationen von Parteien (8 %) sowie Ideenwerkstätten, Jugendvertreter*in in der Verwaltung und die allgemeine Bürgermeister*innenstunde (je 6 %) an.
In einem weiteren Schritt wurde gefragt, ob sich die jungen Menschen wünschen, in ihrem Ort mitzuentscheiden zu können und welche Beteiligungsform sie bevorzugen würden. Die fünf meistgewünschten Beteiligungsformen der 14 - 17-Jährigen sind hierbei Jugendforum/-konferenz (35 %), Ideenwerkstatt (34 %), Jugendparlament/-rat (33 %), Jugendvertreter*in in der Verwaltung (31 %) und eine spezielle Bürgermeister*innenstunde für Jugendliche (27 %). Die Altersgruppe 18 - 21 Jahre gibt Ideenwerkstatt (44 %), Jugendforum/-konferenz (39 %), Jugendparlament und Jugendvertreter*in in der Verwaltung (je 36 %) und eine Bürgermeister*innenstunde speziell für Jugendliche (32 %) als gewünschte Beteiligungsformen an. Die 22 - 24-Jährigen wünschten sich Ideenwerkstatt (40 %), spezielle Bürgermeister*innenstunde für Jugendliche (25 %), Jugendforum/-konferenz und Jugendvertreter*in in der Verwaltung (je 24 %) sowie Bürger*innenräte (22 %). Die Altersgruppe von 25 - 27 Jahre gab hierbei Ideenwerkstatt (56 %), spezielle Bürgermeister*innenstunde für Jugendliche und Jugendforum/-konferenz (je 42 %), allgemeine Bürgermeister*innenstunde (36 %) sowie Bürger*innenräte und Jugendvertreter*in in der Verwaltung (je 33 %) an.
Bei der Interpretation der Daten ist zu beachten, dass die Nutzungsbereitschaft nicht mit einer Engagementbereitschaft identisch ist. Dennoch fällt auf, dass der Wunsch nach Beteiligung generell deutlich höher ist als die konkrete Beteiligungserfahrung.
Auf die offene Frage, wie weitere Möglichkeiten zum Mitmachen aussehen könnten, wurden 264 Antworten verfasst. Diese reichen von „-“ über „Ich weiß es nicht, ich habe sowas noch nicht gemacht“ bis hin zu konkreten Vorschlägen wie Projektdatenbanken, Umfragen, Gesprächsrunden etc.
Als wichtigste Gründe für Nichtbeteiligung wurden in allen Altersgruppen fehlende Angebote (61 %) und zu viele private Interessen/Verpflichtungen (59 %) genannt.
In diesem Themenbereich wurden verschiedene Aspekte der Vereinsaktivität der jungen Menschen im Landkreis erfragt. Zuerst sollten Angaben zu Vereinsmitgliedschaften gemacht werden. 49,1 % der Befragten gibt hierbei an, Mitglied in einem Sportverein zu sein, 30 % sind in Vereinen mit sozialen Themen aktiv. 23,9 % der Befragten engagiert sich in Vereinen, die sie nicht den anderen Kategorien zuordnen konnten. 17,2 % sind in einem musikalischen Verein aktiv. Noch weniger Jugendliche sind in religiösen und anderweitig kulturellen Vereinen Mitglied.
Anschließend wurde gefragt, welche Gründe dafür verantwortlich sind, dass Befragte in einem Verein kein Mitglied sind. 40 % der jungen Menschen, die nicht in einem Verein Mitglied sind, geben hierfür mangelnde Zeit als Grund dafür an. Für 38 % der Befragten liegt die Ursache eher an einem Mangel an für sie interessanten Vereinen. 30 % geben außerdem an, dass für sie die Anbindung mit Bus und Bahn nicht gegeben sei.
Dies sind in allen Altersgruppen die Hauptgründe, nur die Priorisierung variiert teilweise. So spielt für die 14- bis 17-jährigen die Anbindung mit Bus und Bahn die größte Rolle. Die 18- bis 21-jährigen und 25- bis 27-jährigen stören sich vor allem am Mangel an interessanten Vereinen. Der Großteil der 22- bis 24-jährigen gibt an, dass keine Zeit für eine Vereinsmitgliedschaft da sei.
70 % der Jugendlichen, die in einem Verein aktiv sind, geben an, dass sie dort auch mitbestimmen können. Das sieht in allen Altersgruppen die Mehrheit der Befragten so. Trotzdem gibt es auch hier Unterschiede. Je älter die Befragten sind, desto mehr können sie mitbestimmen. So steigt der Wert von 60 % bei den 14- bis 17-jährigen bis zu 80 % bei den 25- bis 27-jährigen an.
Ein immer wiederkehrendes Thema in öffentlichen und politischen Debatten ist die Mobilität und insbesondere der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) im ländlichen Raum. In der Befragung wurden dazu verschiedene Fortbewegungsmittel und deren Nutzung sowie die Zufriedenheit mit dem ÖPNV und entsprechende Änderungsvorschläge abgefragt. Die Frage der Mobilität bleibt dabei zweifellos eine Frage des Wohnortes und der persönlichen Ressourcen.
Arbeits- und Schulweg
Steigen wir mit dem Arbeits- und Schulweg ein. Hier sind in der Gesamtwertung das Auto als Selbstfahrer*in (38,8 %), der Bus (32,2 %), das Fahrrad (28,7 %), das Auto als Mitfahrer*in (26,7 %) und der Zug (22,9 %) die am häufigsten genutzten Verkehrsmittel. Betrachten wir die Nutzung getrennt nach Altersgruppen und Planungsräumen, ergeben sich unterschiedliche Verhältnisse, welche im Folgenden dargestellt werden.
In der Gruppe der 14- bis 17-Jährigen ist der Bus mit 52,1 % das meistgenutzte Verkehrsmittel für den Schul- oder Arbeitsweg. In dieser Altersgruppe spielt das Auto als Selbstfahrer*in natürlich noch keine Rolle, jedoch geben 42,1 % an, das Auto als Mitfahrer*in zu nutzen. Dies ändert sich in den höheren Altersgruppen, da hier das selbstgefahrene Auto mit zunehmendem Alter auch stärker genutzt wird. In den Top 3-Verkehrsmitteln für den Arbeitsweg landet es auf Platz 1 mit 52,3 % bei den 18- bis 21-Jährigen und steigt auf bis zu 69,7 % bei den 25- bis 27-Jährigen. So wird auch der Bus mit zunehmendem Alter weniger frequentiert und kaum noch von über 22-Jährigen als genutztes Verkehrsmittel angegeben. Stattdessen wird häufiger auf den Zug zurückgegriffen, der es bei den höheren Altersgruppen überall mit bis zu 31,5 % (18- bis 21-Jährige) in die Top 3 geschafft hat. Auch das Fahrrad findet in allen Altersgruppen seinen Platz und wird durchgängig mit circa 30 % als Fortbewegungsmittel zur Schule bzw. zur Arbeit gewählt. Mit Blick auf die 5 Planungsräume des Landkreises, ergeben sich weitere Unterschiede, die allerdings auch im Kontext der jeweiligen Altersstruktur zu betrachten sind.
Die Befragten aus dem nördlichen Planungsraum 1 nutzen vergleichsweise häufig den Bus (43,3 %) und das Fahrrad (41,9 %), um zur Schule oder zur Arbeit zu kommen. Hier ist allerdings zu berücksichtigen, dass über die Hälfte der Teilnehmenden aus dem Planungsraum in der Altersgruppe der 14- bis 17-Jährigen sind. Das Auto als Selbstfahrer*in (34,5 %) oder Mitfahrer*in (31 %) spielt trotzdem eine wichtige Rolle und auch der Zug schafft es mit 20 % in die Top 5 der meistgenutzten Verkehrsmittel in diesem Planungsraum.
Betrachten wir die anderen ländlichen Planungsräume, fällt zunächst auf, dass das Auto als Selbstfahrer*in das am stärksten genutzte Fortbewegungsmittel für den Schul- und Arbeitsweg ist. Im Planungsraum 2 liegt es mit 46,7 % vorne, gefolgt vom Bus (40 %), dem Auto als Mitfahrer*in (38,6 %) und dem Zug (34,9 %). Auch das Fahrrad schafft es mit 19 % in die Top 5 dieses Planungsraums, sodass hier insgesamt ein recht ausgewogenes Nutzungsverhalten zwischen Individualverkehr und ÖPNV entsteht.
Deutlichere Unterschiede ergeben sich im Planungsraum 4. Hier liegt das selbstgefahrene Auto mit 63 % deutlich auf Platz 1 vor dem Auto als Mitfahrer*in (31,7 %), dem Bus (28,6 %) und dem Zug (22 %). Der ÖPNV wird in dieser Region somit etwas weniger genutzt, als in den anderen Planungsräumen und interessanterweise schafft es nur hier das Moped bzw. Motorrad mit 19,5 % in die Top 5. Die Gruppe der Befragten dieses Planungsraums ist zudem vergleichsweise älter, was mit Blick auf das Nutzungsverhalten zu berücksichtigen ist.
Im Planungsraum 5 erhöht sich die Nutzung des ÖPNV, wobei der Bus (31,7 %), das Fahrrad (28 %) und der Zug (25,3 %) Platz 2 bis 4 nach dem selbstgefahrenen Auto (40,7 %) belegen. Das Auto als Mitfahrer*in wird hier im Vergleich zu den anderen ländlichen Räumen weniger genutzt und liegt mit 22,8 % auf Platz 5.
Ein ganz anderes Bild ergibt sich im Planungsraum 3, der die nahe Region in und um Görlitz beschreibt. Hier ist das Fahrrad mit 35,1 % das meist genutzte Fortbewegungsmittel für den Schul- oder Arbeitsweg. Danach folgen mit je 29,1 % die Straßenbahn und der Bus. Das Auto als Selbstfahrer*in (24,8 %) oder Mitfahrer*in (21,9 %) belegen die Plätze 4 und 5.
Freizeit
Im nächsten Schritt wurden die Fortbewegungsmittel abgefragt, die in der Freizeit der Teilnehmenden genutzt werden. Im Vergleich zum Schul- und Arbeitsweg werden hier das Auto als Mitfahrer*in (42,1 %) und das Fahrrad (39,9 %) häufiger angegeben und auch der Zug (31,5 %) spielt eine wichtigere Rolle. Das Auto als Selbstfahrer*in (39,2 %) und der Bus (27,3 %) finden sich ebenfalls in dieser Top 5 wieder.
Beleuchten wir die Ergebnisse getrennt nach Altersgruppen, ergeben sich ähnliche Tendenzen wie beim Schul- oder Arbeitsweg. Mit zunehmendem Alter gewinnt das Auto an Bedeutung, der Bus wird weniger frequentiert und das Fahrrad sowie der Zug werden durchgängig genutzt.
Auch in der Trennung der Ergebnisse nach Planungsräumen ähneln sich die Verhältnisse und es zeigen sich nur vereinzelt Unterschiede zum Schul- und Arbeitsweg.
Im Planungsraum 1 werden in der Freizeit besonders stark das Fahrrad (67,7 %), das Mitahren im Auto (55,2 %), der Bus (40 %) und der Zug (37,9 %) genutzt. Das Auto als Selbstfahrer*in (35,5 %) landet hier wieder auf Platz 5.
Im Planungsraum 2 liegen das Mitfahren im Auto (58,1 %) und das selbstgefahrene Auto (42,2 %) vorn. Im Vergleich zum Arbeits- oder Schulweg wird hier in der Freizeit das Fahrrad (37,8 %) häufiger und der Bus (23,1 %) seltener genutzt.
Das Nutzungsverhalten im Planungsraum 4 zeichnet sich erneut durch die intensive Nutzung des Autos aus, wobei hier in der Freizeit das Fahrrad (17,8 %) und der Zug (30,2 %) an Bedeutung gewinnen.
Die Befragten aus dem Planungsraum 5 geben an, in der Freizeit häufiger mit dem Fahrrad (46,4 %) zu fahren oder das Auto als Mitfahrer*in (40,2 %) zu nutzen. Bus, Zug und Auto werden hier ähnlich stark wie auf dem Weg zur Schule oder zur Arbeit genutzt.
Im Freizeitbereich des Planungsraums 3 gewinnen vor allem das Mitfahren im Auto (36 %) und der Zug (33,1 %) an Bedeutung, wobei das Fahrrad mit 37,2 % immer noch das meistgenutzte Fortbewegungsmittel bleibt.
Insgesamt zeigt sich, dass der Bus in der Freizeit weniger häufig genutzt wird, als für den Schul- und Arbeitsweg. Stattdessen gewinnen Fahrrad und Zug als Fortbewegungsmittel in der Freizeit an Bedeutung und es wird verstärkt im Auto mitgefahren.
In der Befragung wurde auch die Zufriedenheit mit dem ÖPNV thematisiert. Hier konnten die Befragten die Fahrplanzeiten, die Fahrpreise, die Fahrzeiten an Wochenenden sowie die Haltestellendichte bewerten und ihre generelle Einstellung zum ÖPNV widergeben.
Vergleichen wir die Altersgruppen miteinander, wird deutlich, dass die Zufriedenheit mit dem ÖPNV mit steigendem Alter sinkt. So werden die allgemeinen Fahrplanzeiten und die Fahrpreise von den 14- bis 17-Jährigen vergleichsweise positiv bewertet, was möglicherweise an vergünstigten Dauerkarten für Schüler*innen liegen könnte. Im Umkehrschluss heißt dies aber auch, das gut Dreiviertel der 18- bis 27-Jährigen etwas bis sehr unzufrieden mit den Fahrplanzeiten und den Fahrpreisen ist. Insbesondere die Fahrzeiten an den Wochenenden spiegeln dabei eine große Unzufriedenheit. Dies schlägt sich auch in der generellen Einstellung gegenüber dem ÖPNV nieder. Sind noch 55 % der 14- bis 17-Jährigen zufrieden mit dem ÖPNV, haben 71 % der 25- bis 27-Jährigen eine eher negative Einstellung zum ÖPNV.
In der Betrachtung der einzelnen Planungsräume zeigen sich nur vereinzelt Unterschiede, da die Unzufriedenheit mit den Fahrplanzeiten, den Fahrpreisen und Wochenendfahrzeiten in allen Regionen des Landkreises überwiegt. Lediglich der Planungsraum 3 schneidet etwas besser ab. Hier sind immerhin 40 % zufrieden mit den Fahrplanzeiten und 75 % zufrieden mit der Haltestellendichte. So ist auch die generelle Einstellung zum ÖPNV mit 49 % positiven Wertungen im Planungsraum 3 am höchsten, gefolgt vom Planungsraum 5 mit 48 % in dieser Kategorie. Trotzdem der ÖPNV im Planungsraum 1 scheinbar intensiver genutzt wird, sind hier nur 33 % zufrieden mit dem Angebot. Im Planungsraumvergleich sticht zudem hervor, dass 54 % der jungen Menschen im Planungsraum 4 sehr unzufrieden mit den Fahrpreisen sind und sich ausschließlich bei der Haltestellendichte ein eher positives Bild abzeichnet.
Auch im Bereich der Mobilität gab es in der Befragung die Möglichkeit, eigene Gedanken oder Vorschläge in einem Freitextfeld zu äußern. Etwa die Hälfte der Befragten hat diese Chance genutzt und dabei kristallisierten sich folgende Punkte heraus: Am häufigsten wünschen sich die jungen Menschen eine bessere Taktung und regelmäßigere Fahrzeiten der öffentlichen Verkehrsmittel. Auch die Fahrpreise, eine bessere Anbindung von Orten sowie die Wochenendfahrzeiten wurden hier oft genannt. Darüber hinaus gab es vielseitige Vorschläge zur Verbesserung der Situation, wie zum Beispiel eine genauere Anpassung der Fahrzeuggröße an die Anzahl der Nutzer*innen. Lassen wir die folgenden Originalzitate für sich sprechen:
Beim Thema Freizeit wurde nach den allgemeinen Freizeitaktivitäten der jungen Menschen sowie dem Besuch von Jugendorten und -einrichtungen gefragt. Dazu wurden an geeigneter Stelle Fragen aus der 18. Shell-Jugendstudie übernommen, um mögliche Vergleiche ziehen zu können.
Bei den Top 5 der Freizeitaktivitäten ergibt sich ein Bild, das in einigen Ausschnitten den Ergebnissen der 18. Shell-Jugendstudie ähnelt oder Entwicklungen aus den vergangenen Befragungen fortschreibt. So sind die häufigsten Freizeitbeschäftigungen der Befragten: sich mit Leuten treffen (57 %), Musik hören (47 %), Filme, Videos und Serien anschauen (46 %), soziale Medien nutzen (45 %) und Sport treiben (33 %). Zudem zeichnet sich der Rückgang des Fernsehkonsums deutlich ab (Shell-Jugendstudien: 2002: 59 %; 2006: 58 %; 2010: 53 %, 2015: 49 %; 2019: 33 %) (18. Shell-Jugendstudie 2019, 214). Gleichzeitig ist der Konsum von Videos, Filmen und Serien gestiegen (2015: 15 %; 2019: 45 %).
Bei einigen Fragen ergeben sich zwischen der Shell-Jugendstudie und der vorliegenden Jugendbefragung sehr ähnliche Antworthäufigkeiten: etwas mit der Familie unternehmen, Bücher lesen, sich mit Leuten treffen - in diesen Kategorien sind fast dieselben Werte angegeben worden (18. Shell-Jugendstudie 2019, 214).
Im Vergleich der Altersgruppen innerhalb unserer Befragung zeigen sich keine wesentlichen Unterschiede. Auffällig war nur, dass soziale Medien vor allem von jüngeren Jugendlichen stark genutzt werden (57 % bei den 14- bis 17-Jährigen) und diese mit zunehnehmendem Alter eine geringere Rolle spielen. Auch Jugendclubs oder -zentren werden vorrangig von den jüngeren Altersgruppen genutzt, wobei die älteren Gruppen häufiger angeben, in Bars oder Kneipen zu gehen.
Das Thema Jugendtreff bzw. Jugendorte wurde in weiteren Fragen genauer beleuchtet. Dabei zeigt sich zunächst, dass viele Jugendliche nicht wissen, ob es einen Jugendclub o.Ä. in ihrem Ort oder ihrer Umgebung gibt und ein großer Teil der Jugendlichen keinen Jugendclub o.Ä. im Ort vorfindet. Nur 9,8 % der Befragten geben an, häufig einen Jugendclub/Jugendtreff zu besuchen und 10,1 % scheinen diese nur selten zu nutzen. Über ein Drittel (35,4 %) der Jugendlichen antworten, dass es einen Jugendclub o.Ä. in ihrem Ort gibt, sie aber nie dort hingehen würden. Demgegenüber geben 40,6 % der Befragten an, dass sie sich einen Jugendclub in ihrem Ort wünschen würden. Bereits 2019 zeigte sich, dass Jugendliche vorhandene Einrichtungen wie beispielsweise Jugendclubs kennen, sie nicht nutzen, aber trotzdem weitere Einrichtungen wünschen. Das lässt sich mit der These der jugendlichen Raumaneignung erklären: während einige Jugendliche und Jugendgruppen sich bestimmte Räume aneignen, schließen sie dadurch andere Jugendliche vor Ort aus, die sich dann auch „eigene“ Möglichkeiten der Aneignung wünschen (Böhnisch und Münchmeier 1990, 121).
Im Themenbereich Politisches Interesse ging es um das generelle Interesse an Politik, wo sich die jungen Menschen über Politik informieren, wie sie zur Frage der Wahlen ab 16 Jahren stehen und was sie in ihrem Ort für die Jugend machen würden, wenn sie Bürgermeister*in wären.
66 % der befragten Jugendlichen im Landkreis Görlitz beschreiben sich selbst als interessiert an Politik im Allgemeinen. Die Shell-Jugendstudie erfasste deutschlandweit einen Wert von 41 %. Damit stellt sich die Frage: Sind die Jugendlichen im Landkreis Görlitz besonders interessiert an Politik, oder wurden durch die Befragung nur Jugendliche erreicht, die sich für Politik interessieren und dementsprechend möglicherweise engagierter sind, an so einer Umfrage teilzunehmen? Unabhängig dessen variiert das politische Interesse je nach Altersgruppe und Geschlecht. So sind in allen Altersgruppen die Politikinteressierten in der Mehrheit. Mit steigendem Alter ist auch ein Anstieg dieses Interesses festzustellen. So liegt es bei den 14- bis 17-jährigen bei 60 % und steigt kontinuierlich bis zu 75 % bei den 25- bis 27-jährigen an.
Bei der Verteilung nach Geschlecht sind die Differenzen teils noch größer. So beschreiben sich nur 57 % der Teilnehmerinnen als politisch interessiert, während es bei den männlichen Teilnehmern 80 % tun. Bei den Teilnehmer*innen mit Geschlechtseintrag „divers“ ordnen sich sogar 89 % als politisch interessiert ein.
95 % der Befragten geben an, sich regelmäßig über Nachrichten und Politik zu informieren. Haupt-Informationsquellen sind dabei verschiedene Internet-Portale, z.B. Soziale Medien, Suchmaschinen oder Podcasts. Darauf folgt das persönliche Umfeld, hierbei vor allem der Freundeskreis und das Elternhaus. Die letzte große Quelle ist der Rundfunk, wobei Radio noch vor Fernsehsendungen steht. Printmedien spielen für die Befragten eher eine untergeordnete Rolle.
Anschließend wurden die Teilnehmer*innen dazu befragt, ob es aus ihrer Sicht eine gute Idee wäre, bei Bundestagswahlen schon ab 16 anstatt ab 18 Jahren wählen zu können. Hier zeigt sich ein recht ausgewogenes Bild. 46 % finden, dies sei eine gute Idee, während 44 % diese Idee nicht gut finden und 10 % angeben, dies sei ihnen egal. Diese Einschätzung variiert auch nicht besonders, unterscheidet man hierbei nach Teilnhemer*innen, die sich politisch interessiert bzw. kaum interessiert oder männlich, weiblich bzw. divers einordnen. Lediglich bei der Betrachtung der Altersgruppen lassen sich Unterschiede bei der Beantwortung dieser Frage gerade zwischen den 14- bis 17-Jährigen (52 % gute Idee, 33 % keine gute Idee) und 18- bis 21-Jährigen (38 % gute Idee, 55 % keine gute Idee) erkennen.
Auf die Frage, was die Befragten für die Jugend in ihrem Ort tun würden, wenn sie Bürgermeister*in wären, konnten wieder Freitextantworten gegeben werden, dazu folgend wieder eine Auswahl:
Abseits der Themen Freizeit, Jugendbeteiligung, Mobilität und Politisches Interesse wollten wir erfahren, was den jungen Menschen mit Blick auf die Region, in der sie später leben werden/wollen, besonders wichtig ist. Diese Perspektiven können aufschlussreich für die weitere Gestaltung des Strukturwandels sein, von dem unser Landkreis massiv betroffen ist.
Die Antwortmöglichkeiten wurden thematisch geclustert. Im Bereich Ausbildung/Beruf wurde von allen Altersgruppen ein sicherer Arbeitsplatz (Ø 57 %) priorisiert. Interessant erscheint, dass in den Altersgruppen 14 - 17 und 25 - 27 Jahre die zweitwichtigste Nennung Gute Schulen (je 44 %) war, sich in den Altersgruppen 18 - 21 und 22 - 24 Jahre jedoch Berufliche Karrieremöglichkeiten (35 %; 29 %) an zweiter Stelle ergab. Im Bereich Wohnen wurden Günstige Mieten (Ø 41 %) als wichtigstes genannt. Ein attraktiver öffentlicher Nahverkehr (Ø 50 %) war das priorisierte Merkmal im Cluster Mobilität. Im Bereich Lebensumfeld wurde Gesundes Ökosystem (Ø 28 %) als wichtigstes genannt. Die Nähe zur Familie (Ø 27 %) wurde im Bereich Familie/Freunde am häufigsten genannt. Im Cluster Kultur ergab sich eine Priorisierung der Kulturellen Vielfalt (Ø 25 %).